Das Wort

Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott.
Das ist schon lange her. Inzwischen gibt es Facebook und jeder schreibt, was er will. Und dann wollen wir auch noch, dass die anderen glauben, was wir schreiben.
Es ist einfach, Texte und Zitate auszuwählen, um das zu beweisen, was wir sagen wollen. Da nimmt man einen Spruch aus der Bibel oder von Gandhi oder einem renommierten Wissenschaftler und schon glauben wir, die nötige Autorität zu haben, um von der ganzen Welt ernst genommen zu werden.
Sogar während ich hier gerade schreibe, muss ich mich fragen: Aufgrund welcher Autorität entscheide ich mich für diesen oder jenen Text? Mit Hilfe welcher Autorität schreibe ich einen Gedanken auf? Hier kann ich nur sagen, dass ich versuche, mein Ego beiseite zu lassen – ebenso wie mein Bedürfnis, etwas zu beweisen, oder meinen Wunsch, selbst als Autorität dazustehen. Stattdessen bemühe ich mich, in mir selbst die Stille, die Klarheit und den innersten Impuls zu finden, aus dem heraus ich schreibe. Ihr Leser müsst mit eurem Herzen oder besser noch mit der Seele zuhören – denn werdet ihr wissen, ob das, was ich schreibe, relevant ist.
Relevanz kommt von Resonanz. Wieso sollte etwas für mich relevant sein, wenn es keine Resonanz in mir erzeugt? Ich selbst lese die Bücher vieler Mystiker auf diese Art: Ich versuche das, was ich lese, tief in mich eindringen zu lassen, und wenn etwas in mir dadurch berührt wird, dann kann ich zuhören und die Herausforderung bemerken, die in den Worten für mich steckt und vielleicht den nächsten Schritt meines Wachstums finden. Das Gelesene wird dann ein Schlüssel, der aufschließt, was im Innersten liegt. Für mich selbst kann ich mit Sicherheit sagen, dass bestimmte Texte mich in meinem Innersten Kern berühren. Diese Texte lassen mich sagen: Ja, ja, dessen bin ich mir sicher.
Die lebendige Wahrheit liegt in jedem von uns, und darin besteht unsere wahre Autorität. Aber in vielen von uns ist sie versteckt unter Schichten von Strukturen, die wir angesammelt haben.
Ich sehe unsere gemeinsame Aufgabe hier darin, dass wir uns gegenseitig helfen, einige dieser Strukturen beiseite zu legen und uns zu öffnen, so dass wir aus unserem unverfälschten innersten Kern hören und sprechen können.
Hinzu kommt: Wir sind auf Worte und Formen angewiesen, mittels derer wir miteinander kommunizieren können; sie verhelfen uns zum gegenseitigen Verstehen, und in unserem Alltagseben brauchen wir Konstrukte und Formen. Aber auf der spirituellen Ebene ist es nötig, die Wörter und Formen zu durchbrechen und nach dem Kern der Dinge zu suchen. Wörter und Bilder sind auf dem spirituellen Weg nur Symbole, ähnlich notwendigen Schlüsseln, die das aufschließen, was in der Tiefe liegt, das, was weder benannt, noch in irgendeiner Form dargestellt werden kann. Es ist das, was uns atmet.
Wie gesagt, am Anfang war das Wort. Und es war sehr mächtig. Und auch unsere Worte könnten viel mächtiger und heilvoller sein, wenn wir sie bewusster aussprechen würden. Für mich als Mystiker ist es manchmal schmerzvoll zu sehen, wie albern hier mit Worten umgegangen wird. Ich will das nicht verallgemeinern, aber im Allgemeinen hat das keine Zukunft.
Ich glaube und hoffe, dass die Zeit gekommen ist, um kollektiv eine neue und wahrhaftige Form der Kommunikation für das „Wort“ der Evolution zu entwickeln – so wie es in uns durch intuitives Hören, Fragen und inneres Katografieren hervortritt und damit das „Wort“ so zu aktivieren, dass es in anderen bewusst werden kann. Das „Wort“ der Evolution ist unser innerstes Bekenntnis. Es ist heilig, es will geehrt, kultiviert und erinnert sein.
Welches Wort hörst du, wenn du ganz still bist? Bist du bereit, es auszusprechen? Und bist du dir bewusst, dass persönliche Verkörperung die einzig korrekte Weise ist, das Wort auszusprechen, das in dir vibriert?
Tom

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